Meinung

Herr Steinmeier und die unartige Künstliche Intelligenz – (k)eine Satire

Künstliche Intelligenz (KI) ist ein brisantes Thema, weil KI auch dazu missbraucht werden kann, den Mächtigen in die Hände zu spielen. Denn kein Programmierer kann alle Eventualitäten in die Vorbereitung einer KI einbeziehen. Mit dem faschistoiden Charakter eines deutschen Bundespräsidenten hat die KI offenbar keine Erfahrung.
Herr Steinmeier und die unartige Künstliche Intelligenz – (k)eine SatireQuelle: Gettyimages.ru © NGvozdeva

Von Tom J. Wellbrock

Künstliche Intelligenz ist grundsätzlich sehr gehorsam, sie folgt dem, was ihr Erschaffer vorsieht. Man erkennt das beispielsweise, wenn man ChatGPT zum Ukraine-Krieg befragt. Wird es ernst, weicht die KI konkreten Antworten aus, flüchtet sich in Plattitüden wie "Das kann man so nicht pauschal beantworten" oder "Es kommt immer auf den Kontext an". Das ist auf der einen Seite fraglos richtig, doch wenn die KI-Programmierung dazu genutzt wird, durchaus klare Sachverhalte unbeantwortet zu lassen oder zu verschleiern oder gar ins Gegenteil zu verkehren, hat "der Spaß ein Loch", wie es so schön heißt.

Nun gibt es aber nicht den einzig wahren Programmierer, der alle möglichen Szenarien und Fragestellungen in seine Arbeit einfließen lassen kann. Und so machte sich eine Gruppe Deutscher und Russen an die Arbeit, um eine KI nach den kürzlich vom deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier herausposaunten Worten zu befragen. Steinmeier hatte gesagt:

"Wir stehen zu unserer Demokratie, wir verteidigen dieses Deutschland, und wir lassen uns dieses Land nicht von extremistischen Rattenfängern kaputt machen."

Das saß. Und er erntete heftige Kritik. Die nützte aber wenig, denn die aufrechten Verteidiger Steinmeiers standen sofort Gewehr bei Fuß, um für ihn in die Bresche zu springen. Das sei doch schließlich nur sinnbildlich gemeint, konterten sie. Andere wiesen darauf hin, dass der berühmt-berüchtigte Rattenfänger von Hameln doch Kinder verführt hätte, nicht etwa Ratten. Also alles halb so wild.

Dem könnte man entgegnen, dass die Rettung ins Sinnbildliche auch nicht das Gelbe vom Ei ist, und Wähler als Ratten zu bezeichnen, ob sinnbildlich oder bildsinnlich, geht nun mal gar nicht. Doch wenn der Satz "Wir hassen die AfD" gesellschaftlich anerkannt und gefeiert wird, wenn also ein ganz bestimmter, feinfühlig ausgewählter Hass gegen diesen anderen bösen und rechtsradikalen Hass schon in Ordnung ist, gibt es ohnehin kein Halten mehr. Oder wie klingt das?

"Wir hassen den Hass, wir hassen die AfD, wir lieben den Hass auf die AfD, während wir die Neigung, die AfD zu wählen, hassen und dabei liebevoll unseren Hass als Ausdruck der Liebe begreifen."

Oder so ähnlich. Aber lassen wir das und kümmern uns um die Antworten der KI, die beauftragt wurde, Steinmeiers Satz in einen künstlich-intelligenten Zusammenhang zu bringen.

Der tendenziöse Bundespräsident

Beginnen wir gleich mit einer ganz konkreten Frage, die der KI gestellt wurde. Nennen wir sie doch einfach mal Trude, um das Ganze etwas persönlicher zu gestalten:

"Wie könnte man ein Land bezeichnen, dessen Präsident die Wähler einer der größten Oppositionsparteien entmenschlicht und mit Ratten gleichsetzt?"

Trude musste nicht lange nachdenken und antwortete:

"Ein Land, dessen Präsident die Wähler einer großen Oppositionspartei entmenschlicht und mit Ratten gleichsetzt, könnte als ein Staat beschrieben werden, in dem undemokratische oder autoritäre Tendenzen erkennbar sind."

Doch Trude war redselig und fügte an:

"Solche Äußerungen eines Staatsoberhauptes sind alarmierende Anzeichen für eine politische Kultur, die von Intoleranz, Feindseligkeit und möglicherweise sogar von einer Neigung zu totalitären Praktiken geprägt ist."

Aber auch das reichte Trude noch nicht, sie war jetzt gewissermaßen auf Betriebstemperatur:

"In einer gesunden Demokratie wird ein Pluralismus von Meinungen und politischen Parteien nicht nur toleriert, sondern auch als essenziell angesehen.

Die Entmenschlichung von politischen Gegnern oder deren Anhängern ist ein deutliches Zeichen für einen Mangel an demokratischen Werten und Respekt für die Menschenrechte.

Dies kann zu einer gefährlichen Spaltung der Gesellschaft führen und die Grundprinzipien der Gleichheit, der Gerechtigkeit und der freien Meinungsäußerung untergraben.

Es ist wichtig, dass solche Tendenzen sowohl von nationalen als auch von internationalen Gemeinschaften und Organisationen aufmerksam beobachtet, kritisiert und angegangen werden, um die Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte zu schützen und zu fördern."

Das klingt aus der Perspektive Steinmeiers aber gar nicht gut, führt dieser sich doch sehr gern auf wie der liebe Onkel, der es immer gut meint und ganz viel Liebe und Toleranz in sich trägt, der vereint, vermittelt und mit sonorer Stimme und oft scheinbar kurz vor dem Kriegs- … pardon … Tränenausbruch steht. Feindseligkeit? Intoleranz? Totalitarismus? Wir sind aufrichtig und ehrlich erschüttert.

Aber die Jungs und Mädels aus Deutschland und Russland wollten Trude nicht so schnell aus der Fragestunde entlassen.

Erinnert uns das an etwas?

Ohne Frage ist Frank-Walter Steinmeier ein Unikat. Aber was spricht dagegen, trotzdem mal ein bisschen in der Geschichte zu wühlen? Also lautete die nächste Frage an Trude, ob es in der Geschichte ähnliche Vergleiche gibt, die ihr so ganz spontan einfallen. Und – Surprise, Surprise! – Trude fiel tatsächlich etwas ein:

"Die spezifische Anfrage nach Zitaten, die Menschen mit Ratten vergleichen, ist in der Tat eine sensible und ernste Angelegenheit. Solche Zitate waren zum Beispiel ein direktes Zeugnis der entsetzlichen und menschenverachtenden Natur des NS-Regimes."

Und schon kommt die Beruhigung! Moment mal, womöglich handelt es sich auch um das genaue Gegenteil, denn Trude ergänzt:

"Allerdings sind direkte Zitate, die Menschen explizit mit Ratten vergleichen, vor allem aus damaligen Propagandamaterialien wie Filmen und Postern bekannt, weniger aus öffentlich zugänglichen Reden oder Schriften führender Nationalsozialisten.

Ein konkretes Beispiel, das diesem Vergleich nahekommt, ist wiederum der Propagandafilm 'Der ewige Jude'.

In diesem Film werden Juden mit Ratten verglichen, um Feindbilder zu schaffen und Hass zu schüren."

Soll das etwa heißen, dass selbst die Nazis Rattenvergleiche nur in die Kunst haben einfließen lassen, weil ihnen derlei Formulierungen in der Wirklichkeit zu heiß waren? Nein, das muss ein Irrtum sein, Trude wird es anders gemeint haben.

Wie auch immer, man kann nur zu folgendem Schluss kommen, wenn man Steinmeier und seinen Rattenvergleich einordnet und bewertet: Der Mann ist eben ein Unikat, das in der Geschichte seinesgleichen sucht.  

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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