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Podoljakas Wochenbericht: Schlacht um Sewersk hat begonnen

Zwar bleibt die mit viel Pomp angekündigte Frühjahrsoffensive der Ukraine immer noch aus, aber die vergangene Woche war auch so alles andere als ereignisarm – und dies nicht nur an der unmittelbaren Frontlinie. Unser Militärbeobachter Juri Podoljaka resümiert die Lage.

Die Generalschlacht im Ukraine-Krieg, die zumindest Kiew so lange in Form einer Gegenoffensive ankündigte, hat immer noch nicht begonnen. Derweil ist Russland von der wohl größten bisherigen Schlacht in diesem Konflikt, dem Sturm von Artjomowsk, zur nächsten großen Operation übergegangen – nämlich in und bei Sewersk, wertet der Journalist Juri Podoljaka die Lage.

Sewersk liegt nördlicher am selben Frontabschnitt Donbass und bietet sich nicht zuletzt wegen der Form der Front an, welche diese Stadt von Süden über Osten bis Norden umschmiegt. Beim benachbarten Kremennaja am nördlicher verlaufenden Frontabschnitt Charkow-Swatowo sind russische Einheiten ebenfalls aktiv bei der Sache: Sie säubern die Wälder von Kremennaja vom Gegner, um eine Straße nach Krasny Liman zu kappen, über die die Sewersker Garnison versorgt wird.

"Das zweitwichtigste Ereignis der nunmehr vergangenen Woche war der Durchbruch ukrainischer – nun ja, Sabotage- und Aufklärungstrupps kann man sie nicht nennen, das waren schon Kampftruppen – mehrere Kilometer ins Gebiet Belgorod, wo sie reichlich Lärm machten. Leider zeigte dieser schon zweite Vorfall dieser Art Russlands Hilflosigkeit vor derartigen Einfällen. Es wurden immer noch keine mobilen Trupps aufgestellt, die solche Eindringlinge vernichten und so dem Gegner die Lust zu weiteren solchen Aktionen austreiben würden. Denn Russland hat ja die technischen Mittel, und mich wundert nur, warum Russlands Militär und Sicherheitsorgane sie immer noch nicht dafür benutzen."

Weitere wichtige Ereignisse lagen in der nun vergangenen 21. Kalenderwoche vom 22. bis zum 28. Mai 2023 in Form russischer Angriffe vor: Diese erfolgten mit hochpräzisen Lenkflugkörpern auf militärische Objekte, wie im tiefen Hinterland gelegene Kommandostäbe und Munitionslager, sowie aus der Luft auf Truppenaufmarschgebiete, Munitions- und Treibstoffdepots und Fahrzeugkonzentrationsgebiete im frontnahen Hinterland des Gegners.

"Selbst die Bewohner der Städte Poltawa und Kiew registrierten so etwas wie Erdbeben, wobei ukrainische Seismologen jegliche Erdbeben bestritten. Sprich: Dies waren offensichtlich die Folgen der russischen Angriffe gegen ukrainische Bunker. Möglicherweise greift Russland mit den Hyperschallwaffen Kinschal unterirdische Kontrollstäbe des ukrainischen Militärs an, und obwohl der Gegner die Folgen dieser russischen Angriffe verzweifelt leugnet und zu verbergen sucht, tauchen immer mehr Videoaufnahmen von heftigen Explosionen mal aus einer, mal aus einer anderen Stadt auf."

Noch sei "seitens Selenskijs Banden" keine "ernstzunehmende Offensive" zu sehen, auch wenn diese Bedrohung zweifellos bestehen bleibe. Der Westen bewege Selenskij "aus aller Kraft dazu" – schließlich sei das Geld ausgegeben, Waffen und Munition geliefert worden:

"Jetzt wollen die durch und durch rationalistischen Westler Ergebnisse sehen."

Derweil würden die Wagner-Truppen nach dem erfolgreichen Abschluss der Offensive von Artjomowsk in die Reserve abgezogen, um wahrscheinlich schon bald "an einem anderen Brennpunkt wiederaufzutauchen", so die Vermutung des Journalisten.

Juri Podoljaka ist ein ukrainischer politischer Blogger (auf Youtube hatte sein Kanal vor der Löschung durch die Verwaltung der Plattform 2,6 Millionen Abonnenten) und Journalist aus Sumy (er wohnt seit dem Jahr 2014 im russischen Sewastopol), dessen Einsichten im Zeitraum um den Beginn der Intervention in den russischen Medien zunehmend gefragter wurden. Seine Analyseausgaben warten mit nur wenigen Zahlen auf – dafür vermittelt er durch Arbeit mit Karten aber ein gutes Verständnis vom räumlichen Umfang der jeweiligen Entwicklungen und bietet dann und wann kurzfristige Prognosen.

An Quellen bemüht Podoljaka einerseits offen zugängliche Daten: Dies sind Meldungen von Augenzeugen in den sozialen Medien sowie Meldungen des russischen, aber auch des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Andererseits gibt er Insiderquellen an: Neben solchen in den Volksmilizen und Sicherheitsorganen der russischen Volksrepubliken Donezk und Lugansk seien dies solche in den ukrainischen Sicherheits- und Regierungsbehörden, die er aufgrund alter Beziehungen aus der Zeit als ukrainischer Journalist noch zu unterhalten erklärt. Um es mit dem aktuellen Jargon der Aufklärungsdienste auszudrücken, ist Juri Podoljaka also vornehmlich ein OSINT-Analyst.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.