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Ukraine: Generalstaatsanwältin und SBU-Chef suspendiert, ehemaliger SBU-Regionalleiter festgenommen

Der Präsident der Ukraine Selenskij hat die Generalstaatsanwältin und den Chef des Geheimdienstes SBU suspendiert – beides mit angeblich zahlreichen Fällen des Staatsverrats in ihren Behörden begründet. Auch ließ er den ehemaligen SBU-Regionalleiter für die Krim festnehmen.
Ukraine: Generalstaatsanwältin und SBU-Chef suspendiert, ehemaliger SBU-Regionalleiter festgenommenQuelle: Sputnik

Eine ganze Säuberungswelle scheint durch die Justiz- und Sicherheitsbehörden der Ukraine zu rollen.

So hat der Präsident des Landes Wladimir Selenskij am 17. Juni 2022 die Generalstaatsanwältin Irina Wenediktowa von ihrem Posten suspendiert – ohne sie allerdings gänzlich abzusetzen – und den Leiter des Geheimdienstes SBU Iwan Bakanow vom Dienst suspendiert. Die etwas unglücklichen Formulierungen im Dekret zu Wenediktowa und in der Telegram-Meldung auf dem offiziellen Kanal des Präsidenten erweckten sogar den Eindruck, sie sei gefeuert worden. Der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialbüros Andrei Smirnow musste am Folgetag präzisieren:

"Von einer Entlassung dieser zweier Beamten ist die Rede bislang noch nicht. Die Rede ist davon, dass die Generalstaatsanwältin von ihrem Posten und der Leiter des Sicherheitsdienstes vom Nachgehen der dienstlichen Verpflichtungen suspendiert sind."

Die Suspendierungen gelten für die Dauer der strafrechtlichen Ermittlungen gegen andere Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft und des SBU – damit die Leiter sich nicht in den Gang dieser Ermittlungen einmischen können, so Smirnow. Einer dieser Mitarbeiter – der bislang einzige, der mediale Bekanntheit erlangte – ist Oleg Kulinitsch. Kulinitsch war Gebietsleiter für die Krim. Nach der Rückkehr der Halbinsel zu Russland infolge des Referendums von 2014 wurde die Leitung (und mit ihr Kulinitsch) nach Cherson verlegt, wo sie bis zur Befreiung der Stadt durch russische Truppen am 02. März 2022 saß – und dann ein weiteres Mal. Nachdem die kiewtreuen Truppen Cherson verloren, hatte Selenskij Kulinitsch von diesem Posten befreit – der Offizier arbeitete jedoch weiterhin beim SBU und war sogar Gehilfe des nun suspendierten SBU-Chefs Bakanow. Im vorigen Frühling hatte Maxim Buschanski, Abgeordneter im ukrainischen Parlament, die Gesetzmäßigkeit der Ernennung Kulinitschs angezweifelt und ihre Überprüfung gefordert – weil Kulinitsch bis zum Jahr 1994 in der Akademie des russischen FSB gelernt und folglich auch in den russischen Geheimdiensten gearbeitet habe. Nun, so der ukrainische Präsident, hätte sich jedweder Verdacht gegen Kulinitsch bewahrheitet – er habe als SBU-Offizier nachweislich für Russland gearbeitet.

Gerade die eröffneten Ermittlungsprozesse gegen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, aber auch anderer gesetzeshütenden und Sicherheitsbehörden seien sage und schreibe 651 an der Zahl, schrieb Selenskij in seinem Telegram-Kanal, und den bislang größtenteils ungenannten Mitarbeitern werden Staatsverrat und natürlich auch "Kollaborationismus" mit Russland vorgeworfen:

"Insbesondere sind über 60 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft und des SBU in besetzten Gebieten verblieben und arbeiten gegen unseren Staat. Ein derartiges Massiv an Verbrechen gegen die Grundlagen der Staatssicherheit und an aufgedeckten Verbindungen zwischen den Mitarbeitern der Sicherheitsdienste der Ukraine und den Geheimdiensten Russlands stellen die Führung der relevanten [Behörden] vor durch und durch ernstzunehmende Fragen."

Mehr zum Thema – Medienbericht: Gewaltakte des ukrainischen Geheimdienstes und Militärs gegen die Zivilbevölkerung

Ob Selenskij, sein Kabinett und Büro oder auch "Berater" aus dem In- wie Ausland von der Führung der jeweiligen Behörden lediglich höhere ideologische Wachsamkeit bei der Einstellung und Beförderung ihrer Mitarbeiter erwarteten (und diese Erwartung enttäuscht wurden) – oder aber bereits eine deutlich härtere Gangart gegen die sogenannten "Staatsverräter" und "Kollaborateure", ist nicht bekannt. Die härtere Gangart allerdings wird in der Ukraine schon länger und häufig gefahren, und zwar laut der UN-Überwachungsmission zu Menschenrechten in der Ukraine auch vom SBU. Im Bericht der Organisation vom Jahr 2021 ist die Rede von Festnahmen und Entführungen, außergerichtlicher Inhaftierung, Mord und Folter. Hiervon sind durchaus auch Beamte des ukrainischen Staates betroffen, die nach Befreiung der ihnen anvertrauten Ortschaften durch die russischen Streitkräfte oder die Lugansker oder Donezker Volksmiliz ihre Arbeit fortsetzten, oder zu Verhandlungen mit diesen aufriefen. Die an ihnen und ihren Angehörigen begangenen Verbrechen haben die offizielle Billigung Kiews:

So wurde am 2. März Wladimir Struk, der Bürgermeister der Stadt Kremeinna in der Region Lugansk für die Bereitschaft der Zusammenarbeit mit Russland vor laufender Kamera erschossen. Sein Vergehen bestand darin, seine Kollegen zu Verhandlungen mit dem Donbass-Militär aufzurufen. Er wurde abgeholt, gefoltert und erschossen, und Anton Geraschtschenko, Berater des Innenministeriums, feierte diesen Mord mit der Bemerkung "ein Verräter weniger in der Ukraine".

In der zweiten Märzhälfte entführte der ukrainische Sicherheitsdienst SBU die Tochter des Bürgermeisters der von der russischen Armee besetzten Stadt Kupjansk in der Region Charkow, Gennadij Mazegor. Ihm wird ebenfalls "Kollaboration mit dem Besatzer" vorgeworfen. Die 20-jährige Studentin hielt sich in der Westukraine auf, als sie entführt wurde. Nach den Worten von Mazegor in einer emotionalen Videoansprache an Selenskij wird er damit bedroht, dass die Tochter umgebracht werden soll.

Soweit die Opfer des im Westen sogenannten "Massakers von Butscha" bis jetzt überhaupt namentlich bekannt wurden, handelt es sich um Personen, bei denen man prorussische Ansichten vermuten kann. So gehört zu den Todesopfern der offen prorussische Politiker Alexander Rschawskij. Die prorussischen Ansichten zeigte der ehemalige Rada-Abgeordnete bis zuletzt. Warum das russische Militär ausgerechnet ihn erschießen sollte, liegt im Dunkeln. 

Die Ortsvorsteherin des Dorfes Butscha, Olga Suchenko, hatte bis zu ihrem Verschwinden Ende März 2022 mit den russischen Truppen zumindest in humanitären Fragen zusammengearbeitet. Nach Aussagen der Dorfbewohner hatte sie sich vor Einzug des russischen Militärs geweigert, den Ort zu verlassen, weil sie ihre Amtspflichten im Interesse der Dorfbewohner fortführen wollte. Die Dorfbewohner beschrieben auch eine energische Aktivität der Ortsvorsteherin bei der Lösung von Versorgungsfragen. Dass dies in der Zeit bis zum Abzug des russischen Militärs nur durch Zusammenarbeit mit letzterem möglich war, liegt in der Natur der Sache. 

Außerdem verschwanden nach Beginn der russischen Intervention im Ukraine-Konflikt mehrere oppositionelle Politologen, Journalisten und Aktivisten.

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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.