Europa

Slowenien übernimmt EU-Ratspräsidentschaft – Premier Janša als Sorgenkind der EU im Fokus

Mit dem 1. Juli übernimmt Slowenien die EU-Ratspräsidentschaft von Portugal. Das Land mit rund zwei Millionen Einwohnern war 2004 EU-Mitglied geworden. Vor allem der Regierungschef Janez Janša sorgte zuletzt immer wieder für Schlagzeilen und Stirnrunzeln in Brüssel.
Slowenien übernimmt EU-Ratspräsidentschaft – Premier Janša als Sorgenkind der EU im FokusQuelle: AFP © Johanna Geron

Den alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz hat nun die ehemalige jugoslawische Teilrepublik Slowenien inne – fast genau 30 Jahre nach dem Beginn des Zerfalls des ehemaligen Vielvölkerstaats Jugoslawien. Am 25. Juni 1991 hatte der damalige Präsident der Teilrepublik Milan Kučan die Unabhängigkeit ausgerufen. Nun soll das kleine mitteleuropäische Land im Rampenlicht stehen und wichtige Impulse der Europäischen Union geben.

Präsidentschaftsslogan heißt "Zusammen. Widerstandsfähig. Europa". Im Mittelpunkt soll unter anderem die wirtschaftliche Erholung der Union nach der Pandemie-Krise stehen. Der 750 Milliarden Euro schwere Corona-Hilfsfonds in Brüssel steht bereit. Schon im Juli könnten die ersten Gelder an die Mitgliedsstaaten fließen.

Auch der Westbalkan soll während der slowenischen Ratspräsidentschaft mehr im Fokus der Staatengemeinschaft stehen. So will Ljubljana für die Beitrittskandidaten Albanien, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien im Oktober einen Gipfel der Staats- und Regierungschefs organisieren. Zuletzt sorgte der slowenische Premierminister Janez Janša für Schlagzeilen. Aus seinem Büro soll laut Medienberichten ein inoffizielles Dokument an Brüssel verschickt worden sein, das neue Grenzziehungen auf dem Balkan entlang ethnischer Kriterien vorsieht. Janša dementierte dies.

Der an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien grenzende Staat mit rund zwei Millionen Einwohnern übernimmt die Funktion von Portugal. Slowenien ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union und auch des transatlantischen Militärbündnisses NATO. 2007 übernahm es den Euro, im selben Jahr wurde die ex-jugoslawische Republik Teil der Schengen-Zone.

Bereits 2008 hatte Slowenien die EU-Ratspräsidentschaft inne, doch dieses Mal könnte es nicht so störfrei verlaufen wie damals. Der Grund dafür ist vor allem der Premierminister des Landes. Lange Zeit galt Slowenien als der Vorzeige-Staat einer erfolgreichen Integration in die westliche Gesellschaft. In der ehemalig sozialistischen jugoslawischen Teilrepublik hatten sich die parlamentarische Demokratie und die Marktwirtschaft schnell etabliert. Doch in den vergangenen Jahren sorgt der Premierminister für Stirnrunzeln in Brüssel, gar scharfe Kritik.

Der Konservative, dem seine politischen Gegner vorwerfen, sich in einen Populisten verwandelt zu haben, der auch sehr gern im rechten Lager fischt, geriet in den vergangenen Jahren für seine Angriffe auf die Medienfreiheit und Rechtsstaatlichkeit im Land in die Schlagzeilen. 

Im Vorjahr trat Janša seine dritte Amtszeit als Premier an. Zuvor war er bereits wegen Korruptionsvorwürfen im Fokus der Justiz des Landes, wurde gar zu zwei Jahren Haft verurteilt. Es ging um Provisionszahlung zugunsten seiner Slowenischen Demokratischen Partei (SDS) im Rahmen des bis dahin größten Rüstungsdeals in der Geschichte Sloweniens mit einer finnischen Firma. Die Gefängnisstrafe trat Janša 2014 gar an, doch legte zugleich beim obersten Gerichtshof Berufung ein. Jenes setzte die Haft kurze Zeit später aus und ordnete neues Verfahren an. 2015 lief jedoch die Verjährungsfrist der Vorwürfe ab.

Der 62-Jährige gilt zudem als enger Verbündeter von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán. Beim EU-Gipfel in der vergangenen Woche war Janša mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki einer der wenigen, die im Streit um das Gesetz in Ungarn, das LGBT-Inhalte in Schulen, Medien und Werbung einschränkt, offen Partei für Budapest ergriffen haben.

Selbst in den 1980er Jahren in der kommunistischen Jugendorganisation Sloweniens aktiv wurde er Anfang der 1990er Jahre Kämpfer für die slowenische Abspaltung von Jugoslawien und beschimpft heute die linken Journalisten und Aktivisten sowie ihm gegenüber kritisch eingestellte Intellektuelle im Land als Höflinge der "kommunistischen Elite". Unter dem Vorwand der Corona-Bekämpfung hob seine Regierung die Versammlungsfreiheit im Land auf. Er war auch der einzige Regierungschef aus der EU, der Donald Trump zum "Wahlsieg" bei der US-Präsidentschaftswahl 2020 gratulierte.

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